Ganzjährig Radfahren mit dem modularen Reifensystem von retyre


Wer das ganze Jahr über mit dem E-Bike unterwegs ist, muss sich aufgrund des wechselnden Wetters mit sehr unterschiedlichen Bedingungen auf Straßen und Wegen auseinandersetzen. Ein Allwetterreifen kann in dieser Situation Abhilfe schaffen, bringt aber zwangsläufig immer Kompromisse mit sich. Wie wäre es, wenn Sie einfach ein anderes Profilmuster über ein Reifenprofil legen? Und wenn Sie möchten, können Sie schnell wieder zum ursprünglichen Profil wechseln.

Genau diese Idee hatten ein paar Jungs aus Norwegen im Jahr 2015. Sie gründeten die Firma reTyre und entwickelten die ersten Prototypen eines modularen Reifensystems. Zunächst suchten sie nach einer Ergänzung, die zu jedem Fahrradreifen auf dem Markt passt, unabhängig von Reifengröße und -breite. Dies erwies sich bald als zu ehrgeizig. Also reduzierten sie ihre Ansprüche ein wenig, änderten das Konzept – und hatten Erfolg. Für die Kombination eines Basisreifens mit Wechselprofilen erhielt der Hersteller 2019 den Red Dot Award für Produktdesign. Mindestens ebenso wichtig war die Gewinnung von Dag Otto Lauritzen als Markenbotschafter. Der ehemalige Radprofi und Etappensieger der Tour de France sorgte im sportbegeisterten Norwegen für die nötige öffentliche Aufmerksamkeit.

Was, modular?

Was ist das also, ein modulares Reifensystem? Im Grunde ist es der Mini-Zwiebel-Look für die Reifen am Fahrrad. Zwei Schichten können miteinander kombiniert werden, wobei auch eine Schicht allein, in diesem Fall die unterste, die Grundanforderung erfüllt. Der Grundbaustein des reTyre-Systems ist der reTyre One. Auf diese Grundreifen können austauschbare Reifenprofile montiert werden. Der Hersteller nennt sie Skins.

Geöffnet wird es über einen patentierten, integrierten Reißverschluss. Erfahrene Hände schaffen dies in etwa einer Minute ohne Werkzeug. Ein Teil des Reißverschlusses ist in die Karkasse des Basisreifens eingearbeitet. Das passende Gegenstück findet sich auf der jeweiligen Haut, dem wechselbaren Reifenprofil. Das Fell wird auf den Basisreifen gelegt, die Reißverschlüsse eingefädelt und – zipp – das gewünschte Profil angebracht. reTyre bietet derzeit insgesamt fünf Profile an. Alle sind für sehr unterschiedliche Untergründe und Wetterbedingungen konzipiert.

Verbinden Sie das Zusatzreifenprofil mittels Reißverschluss mit dem Basisreifen von reTyreVerbinden Sie das Zusatzreifenprofil mittels Reißverschluss mit dem Basisreifen von reTyre

Verbinden Sie das Zusatzreifenprofil mittels Reißverschluss mit dem Basisreifen von reTyre

Reifenauswahl mit dem reTyre-Baukastensystem

reTyre One

  • als Grundreifen die Grundvoraussetzung in der Ausstattung
  • Semi-Slick mit sehr geringem Rollwiderstand
  • Die NXT-Gummimischung bietet überraschend gute Traktion auch bei Nässe
  • integrierter Pannenschutz
  • Preis: 39 Euro
Basisreifen reTyre One für das modulare Reifensystem von reTyreBasisreifen reTyre One für das modulare Reifensystem von reTyre

Basisreifen reTyre One

Winterreisender

  • leichter Spikereifen mit 160 Spikes
  • Vier Spikes haben immer Bodenkontakt
  • Winterreifen für städtische Umgebungen
  • Preis: 69 Euro
Reifenprofil Winter Traveler für das modulare Reifensystem von reTyreReifenprofil Winter Traveler für das modulare Reifensystem von reTyre

Reifenprofil Winter Traveller

Nordischer Pendler

  • Weiterentwicklung des Winter Traveller
  • leichter
  • festerer Sitz auf dem reTyre One
  • Preis: 79 Euro
Reifenprofil Nordic Commuter für das modulare Reifensystem von reTyreReifenprofil Nordic Commuter für das modulare Reifensystem von reTyre

Reifenprofil Nordic Commuter

Eisrennfahrer

  • Schwerer Spikereifen mit 300 Spikes
  • Flexible Stollen verhindern, dass sich dauerhaft Schnee in der Lauffläche festsetzt
  • Winterreifen für dauerhaft verschneite und vereiste Fahrbahnen
  • Preis: 89 Euro
Reifenprofil Ice Racer für das modulare Reifensystem von reTyreReifenprofil Ice Racer für das modulare Reifensystem von reTyre

Reifenprofil Ice Racer

Wanderreiter

  • Mountainbike-Reifen
  • Grobes Profil für maximale Traktion auf losem Untergrund, Schlamm usw.
  • Preis: 45 Euro
Trail Rider Reifenprofil für das modulare Reifensystem von reTyreTrail Rider Reifenprofil für das modulare Reifensystem von reTyre

Reifenprofil Trail Rider

Kiesjäger

  • zentrales Profil mit niedrigen Stollen für mehr Laufvergnügen
  • Größere Stollen an den Seiten für ausreichend Halt in Kurven
  • konzipiert für befestigte und unbefestigte Waldwege, Schotter etc.
  • Preis: 49 Euro
Reifenprofil Gravel Chaser für das modulare Reifensystem von reTyreReifenprofil Gravel Chaser für das modulare Reifensystem von reTyre

Reifenprofil Gravel Chaser

Sowohl der Basisreifen als auch die Felle sind in Reifengrößen zwischen 26 Zoll und 29 Zoll erhältlich.

Kontinuierlicher Fortschritt

Insgesamt hat sich das Produkt seit seinen Anfängen spürbar weiterentwickelt. Derzeit können Sie die dritte Generation beim Hersteller kaufen. So wurde beispielsweise die Reißverschlusstechnik optimiert. Das liegt unter anderem am unabhängigen norwegischen Forschungsinstitut Sintef, mit dem reTyre die Edelstahl-Reißverschlüsse entwickelt. Die Felle sind dünner geworden und legen gleichzeitig mehr Kilometer zurück. Auch die Gummimischungen hat reTyre verfeinert, um den unterschiedlichen Anforderungen des jeweiligen Einsatzzwecks noch besser gerecht zu werden. Laut Hersteller besteht der Kautschuk zu 90 Prozent aus Naturkautschuk.

Offenbar trägt die ganze Arbeit Früchte. Der norwegische E-Bike-Hersteller Buddy Bike stattet große Teile seines Sortiments standardmäßig mit reTyre aus. Vielleicht kommen bald noch mehr dazu. Letztendlich möchte reTyre in Zukunft Reifenprofile entwickeln, die vollständig recycelt werden können. Nach eigener Aussage widmet sich der Hersteller derzeit diesem Projekt.

Diese Tricks erleichtern die Installation

In einem kleinen Test haben wir einen Teil des reTyre-Sortiments selbst ausprobiert. Neben dem Fahrgefühl interessierte uns vor allem, wie gut oder weniger gut sich die Profile aufziehen lassen, wenn der Basisreifen einmal montiert ist. Und unser Urteil fällt eher positiv aus. Hier ein paar Montagetipps, die wir Ihnen gerne mit auf den Weg geben, wenn Sie sich das System zulegen möchten.

  • Drücken Sie beim Anbringen die Seiten der Haut gut zusammen. Dies erleichtert das Schließen der Reißverschlüsse.
  • ReTyre verspricht, dass das Aufziehen einer Haut weniger als 60 Sekunden dauert. Nehmen Sie sich etwas Zeit und lassen Sie vor allem die Reißverschlüsse etwas einwirken. Dann ist diese Prognose realistisch.
  • Manchmal bleibt nach der Installation noch ein Spalt zwischen den beiden Enden der Haut. Diese schließt sich in der Regel nach einigen Kilometern Fahrt.
  • Durch seine zwei Lagen baut das System deutlich mehr Höhe auf als ein herkömmlicher Reifen. Zwischen Schutzblech und Reifen sowie Rahmen und Reifen muss ausreichend Platz sein. Etwa ein halber Zentimeter ist hier das Minimum.

Reduziertes Fahrerlebnis

Bezüglich der Fahreindrücke fällt unser Fazit eher gemischt aus. Der Basisreifen reTyre One hinterlässt einen hervorragenden Eindruck. Letztlich handelt es sich um einen vollwertigen City-Reifen, der auch auf nasser Fahrbahn lange die Bodenhaftung behält. Mit dem Gravel Chaser, für den wir uns entschieden haben, war das Fahren eine viel unbestimmtere Angelegenheit. Zumindest solange der Untergrund glatt und hart wie Asphalt ist. Wenn Waldboden, feinerer Kies oder Gras ins Spiel kommen, ist das Gefühl weniger störend.

Das Fazit lautet:

Vorteile:

  • Profilwechsel innerhalb kürzester Zeit möglich
  • Zusammenklappbare Felle lassen sich problemlos auf Touren und Reisen mitnehmen
  • System spart zweiten Radsatz und zweiten Reifensatz
  • Preise vergleichbar mit herkömmlichen Reifen

Nachteile:

  • mehr Gewicht
  • höherer Rollwiderstand

Potenziell weltweites Interesse

reTyre hat sein System mit der Idee entwickelt, das ganze Jahr über Rad zu fahren. Aus unserer Sicht liegt der Fokus auf der Beherrschung der winterlichen Bedingungen. Angesichts der Herkunft des Unternehmens ist dies kaum verwunderlich. Es liegt in einer norwegischen Stadt mit dem ursprünglichen Namen Ski 😉 Es liegt fast dreißig Kilometer südlich von Oslo, etwa auf dem 60. Grad nördlicher Breite. In vier Monaten im Jahr liegt die Durchschnittstemperatur dort unter dem Gefrierpunkt. Ähnliche Bedingungen herrschen beispielsweise in anderen Teilen Skandinaviens, in Gebieten Osteuropas, in der Nähe der Alpen und in Nordamerika. Zielmärkte und Zielgruppen scheinen reichlich vorhanden zu sein, sodass wir sicherlich irgendwann eine vierte Generation des Systems sehen werden.

Fotos: Ruhestand AS


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